Chemikalien

Gesetzliche Grundlage

Aufgrund der Gefährlichkeit von Chemikalien haben der europäische und der deutsche Gesetzgeber den Handel hiermit stark reglementiert. Der Handel mit Chemikalien unterliegt daher zahlreichen (deutschen) Gesetzen und (europäischen) Richtlinien und Verordnungen. Dadurch ergibt sich eine sehr komplexe Gesetzesmaterie, die sich auch für Händler als sehr breit gefächert darstellt. Es kann daher festgehalten werden, dass sich Händler vor der Aufnahme des Handels mit Chemikalien mit dem „Chemikalienrecht“ intensiv beschäftigen und den Handel mit den Chemikalien dauerhaft überwachen sollten. Sofern Vorgaben der einzelnen Gesetzestexte nicht umgesetzt werden, drohen nicht nur wettbewerbsrechtliche Abmahnungen, sondern auch Bußgelder und ggf. gewerberechtliche Maßnahmen.

Die Zahl der Gesetze und Verordnungen wurde jüngst durch die EU-Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008) erweitert: hiernach haben Unternehmen, die chemische Stoffe auf dem europäischen Markt in den Verkehr bringen, seit dem 1. Dezember 2010 die Anforderungen dieser Verordnung zu erfüllen.

Händler sollten daher in ihrem eigenen Interesse insbesondere folgende Gesetzesregelungen berücksichtigen, deren Aufzählung – dies sei verdeutlicht – nicht abschließend ist:

  • Chemikaliengesetz (ChemG)
  • Chemikalien-Verbotsverordnung (ChemVerbotsV)
  • Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
  • Chemikalien Straf- und Bußgeldverordnung (ChemStrOWiV)
  • Giftinformationsverordnung (ChemGiftInfoV)
  • Gefahrgutverordnungen (GGVSEB/ADR 2011)
  • Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG)
  • EU-Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH [1]-Verordnung)
  • EU-Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP-Verordnung)

Beispiele für Chemikalien anhand des ChemG

„Stoff“ im Sinne des § 3 Nr. 1 ChemG ist ein „chemisches Element und seine Verbindung in natürlicher Form oder gewonnen durch ein Herstellungsverfahren“.

„Gefährliche Stoffe“ im Sinne des § 3a Abs. 1 ChemG sind beispielsweise Stoffe, die explosionsgefährlich, brandfördernd, hochentzündlich, leichtentzündlich, entzündlich, sehr giftig, giftig, gesundheitsschädlich oder ätzend sind.

Aufgrund dessen sind beispielsweise Batterien, Gemische zur Verwendung in künstlichen Kaminen, Grillanzünder, Pflanzenschutzmittel oder technische Klebstoffe und Lösungsmittel Stoffe im Sinne des Chemikalienrechtes.

Inhalte des ChemG

Das ChemG enthält im Wesentlichen folgende Regelungsbereiche:

  • Definition von Stoff, Zubereitung, Erzeugnis (§ 3 ChemG)
  • Definition von Gefährliche Stoffe und gefährliche Zubereitungen (§ 3a ChemG)
  • Regelungen zur Zulassung von Biozid-Produkten (§ 12a ff. ChemG)
  • Regelungen zu Einstufungs-, Verpackungs- und Kennzeichnungspflichten(§ 13 ff. ChemG)
  • Regelungen zur Vorlage von Prüfnachweisen (§ 20 ChemG)
  • Folgen bei Verstößen: Straf- und Bußgeldvorschriften (§§ 26, 27 ChemG)

Nach § 13 Abs. 1 ChemG hat derjenige, der als Hersteller oder Einführereinen Stoff in den Verkehr bringt, diesen entsprechend der Rechtsverordnung nach § 14 ChemG zu verpacken und zu kennzeichnen. Ähnliche Regelungen enthält § 13 Abs. 2 und 3 ChemG für Zubereitungen und Biozid-Produkte. Auf der Grundlage von § 14 ChemG wurde sodann die Gefahrstoffverordnung eingeführt. § 2 Abs. 1 GefStoffV enthält insbesondere eine Begriffsbestimmung zu Gefahrstoffen. Wann ein Stoff oder eine Zubereitung als „gefährlich“ im Sinne dieser Verordnung angesehen wird, regelt § 3 GefStoffV. Wie solche Stoffe zu kennzeichnen und zu verpacken sind, bestimmt § 4 GefStoffV. Hierbei sind europarechtliche Vorgaben zu beachten, darüber hinaus muss, sofern der Stoff in Deutschland in Verkehr gebracht wird, die Kennzeichnung in deutscher Sprache erfolgen und bei unverpackten Stoffen ein Sicherheitsdatenblatt beigefügt werden. § 4 GefStoffV enthält zudem weitere Vorgaben, deren Darstellung vorliegend jedoch nicht möglich ist.

Für Vertreiber regelt § 15 ChemG weitere Pflichten: gefährliche Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse, die vom Hersteller oder Einführer nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung verpackt und gekennzeichnet in den Verkehr gebracht worden sind, dürfen nur dann erneut in den Verkehr gebracht werden, wenn die Verpackung und Kennzeichnung erhalten sind oder der Vertreiber den Stoff, die Zubereitung oder das Erzeugnis erneutnach den genannten Vorschriften verpackt und kennzeichnet.

Fest steht damit, dass sowohl den Hersteller, als auch den Einführer und den Vertreiber Verpackungs- und Kennzeichnungspflichten treffen. Wie die Verpackung zu erfolgen hat und wie die Kennzeichnung beschaffen sein muss, ist aufgrund der Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen nicht ganz einfach zu ermitteln. Mangels ausreichender chemischer Kenntnisse werden daher viele Vertreiber mit der Ermittlung der richtigen Verpackung und der richtigen Kennzeichnung überfordert sein. Sie sind daher zwingend auf die Angaben des Herstellers zur Verpackung und zur Kennzeichnung angewiesen.

Beispiele für Kennzeichnungen von Chemikalien

Mögliche Kennzeichnungen sind

  • Gefahrensymbole, z.B. „F“ (Piktogramm)
  • Gefahrenbezeichnungen, z.B. „leichtentzündlich“ (Aufschrift)
  • „R-Sätze“ (Risk-/Risiko-Sätze)
  • „S-Sätze“ (Safety-/Sicherheits-Sätze)
  • Handelsname/-bezeichnung
  • Name, Anschrift und Telefonnummer des für den Vertriebsverantwortlichen

Sofern es sich um ein Gefahrgut im Sinne der Gefahrgutverordnung handelt, können weitere Kennzeichnungen, z.B. ADR-Gefahrzettel oder die Markierung „hier oben“, relevant werden.

Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen das ChemG

Wer bei der Verpackung, Versendung oder der Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen und Zubereitungen Fehler macht, zum Beispiel

  • Versand von Chemikalien ohne ausreichende Kennzeichnung des Pakets oder
  • Versand von Chemikalien in einem Kanister ohne Beschriftung in deutscher Sprache,

hat mit ordnungsbehördlichen Maßnahmen als auch mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen zu rechnen. Beide Sanktionen können vor allem zu erheblichen Belastungen führen.

Zuletzt hat sich u.a. das LG Essen in einer viel beachteten Entscheidung vom 19. August 2009, Az. 44 O 117/07, mit dieser Thematik beschäftigt und einen Wettbewerbsverstoß angenommen.

Fazit

Wer mit Chemikalien handelt oder handeln will, sollte sich unbedingt mit den rechtlichen Vorgaben auseinandersetzen und diese sorgfältig beachten, um nicht „gefährlich“ zu leben. Wer hierbei ausschließlich auf die Angaben von Herstellern oder Vorlieferanten zur Verpackung und Kennzeichnung vertraut, könnte zudem Probleme bekommen: die Rechtsprechung verlangt, dass die Händler sich selbst Kenntnis von den für ihre Tätigkeit einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen verschaffen.